Liebe Theresa,
Deinen Berlin-Letter habe ich sehr gefühlt. Keine Stadt führt zu so vielen Existenzkrisen, in keiner Stadt können wir uns ähnlich schnell verlieren. Ich verstehe jetzt besser, wie es dir damals ging und freue mich sehr, dass du in Köln glücklicher geworden bist.
Du hast mich gefragt, was Zuhause für mich bedeutet.
Hätte jemand mein 12-jähriges Ich gefragt, wohin die 31-jährige Jana wohl zu Weihnachten fahren wird, sie hätte vermutlich geantwortet nirgendwo hin. Mein 12-jähriges Ich hätte gedacht, dass die 31-jährige Jana Weihnachten in ihrer Wohnung feiern wird. Mit einem Partner und ein bis zwei eigenen Kindern.
Die Realität sieht so aus, dass ich die Weihnachtstage in genau dem Zimmer verbringen werde, in dem ich mir damals unter einem Himmel aus gelben Sternen auf Raufasertapete die Zukunft ausgemalt habe.
Zuhause – das ist für mich bis heute der Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Der Ort, an dem meine Eltern mich, meine Schwester und meinen Bruder großgezogen haben. Der Ort, den mein Vater verließ, kurz nachdem wir Kinder es taten. Der Ort ist ein Haus, aber das Haus allein ist nicht das Zuhause. Wer den Ort bis heute zu meinem Zuhause macht, ist, und ich weiß, dass ich jetzt klinge wie AnnenMayKantereit, meine Mama. Die Frau, die schon Tage bevor ich anreise ein Bett für mich bezieht, einen perfekt gereiften Granatapfel in den Kühlschrank stellt und mir sagt, dass sie sich auf mich freut. Die Frau, die das gleiche für meine zwei Geschwister tut – mit anderer Bettwäsche und anderem Lieblingsobst. Die Frau, die als Mama unglaubliches getan und dafür viel zu selten ein Dankeschön bekommen hat. Wegen ihr sind wir hier zuhause.
Ich besuche mein Zuhause etwa viermal im Jahr. Auch in meinem Zuhause lauern unschöne Gefühle. Ängste, die sich auf meine Nackenhaare setzen, Zweifel, die mir in mein Ohr flüstern und Konflikte, die provoziert werden wollen. Auch in meinem Zuhause gibt es Dinge, die alt oder fremd oder beides geworden sind. Trotzdem gibt es keinen Ort, an dem ich heute lieber wäre.
Ich weiß nicht, ob ich jemals selbst Mama sein werde. Falls ja, dann hoffe ich, dass meine Kinder mal genauso gerne heimkommen, wie ich es tue. Sogar noch mit 31. Oder 32. Oder 33.
Wo auch immer du dein Weihnachten feiern wirst – ich hoffe du hast es schön. Wo auch immer euch dieser Letter erreicht – ich hoffe, ihr habt es schön. ❤️
Zu den Feiertagen ändern wir unseren Takt. Für den Neujahrs-Letter am 31.12. möchte ich von dir wissen, ob Vorsätze Unsinn sind.
Sehr schön 💕